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Reinhard Holstein (Glitterhouse) über Neal Casal Müßte ich mich für eine CD entscheiden, die ich auf die sprichwörtlich einsame Insel mitnehmen dürfte, würde es zur Zeit mit Sicherheit "Fade Away Diamond Time" von Neal Casal sein. Immer wieder höre ich das Ding und nie verfehlt es seine Wirkung. Deshalb hole ich hier etwas weiter aus, der Bursche ist mir schließlich ans Herz gewachsen. Sein musikalischer Werdegang wurde wie bei so vielen geprägt von einer frühen Rolling Stones Platte und der daraufhin erbettelten ersten Gitarre. Jugendliche Rockbands (ein ganz früher Erguß findet sich als Bonustrack am Ende der Fielt Recordings) und mit zarten zwanzig Lenzen Gitarrist bei der Southern Rock Legende Blackfoot, was ihm heute noch peinlich ist, aber nicht sein sollte. Aber er wollte sein eigenes Ding machen und ein Demo gelang in die Hände von Warner/Chappell, die ihn einen Publishing Deal unterschreiben ließen, der Neal in den letzten 6 Jahren mehr schlecht als recht über Wasser gehalten hat. Bud Scoppa, in den USA legendärer Schreiber und A&R-Mann, entdeckte Neal aufgrund einiger von Jim Scott (Tom Petty usw.) produzierter Aufnahmen und signte ihn ihn für BMG/Zoo. Drei Monate später verlor Scoppa seinen Job und Neal befand sich bei einem Label, die gerade den einzigen gefeuert hatten, der mit seiner Musik was anfangen konnte. Zu seiner großen Überraschung legte BMG aber die 100.000 US-Dollar hin, um Fade Away Diamond Time aufnehmen zu können. Die Platte erschien im Sommer '95 und um Weihnachten
wurde Neal mitgeteilt, daß seine Zeit bei BMG/Zoo vorbei sei, die gerade stattfindende
Tour soll er auch gleich abbrechen. Damit verschwand Fade Away (der Titel passt) nach nur
6 Monaten von der Bildfläche. Eigentlich unglaublich und ein gutes Beispiel für
Major-Label-Machenschaften.
Neal wollte aber etwas anderes machen, vielleicht auch gezwungenermaßen, denn ein Label mit 6-stelligem Vorschuß fand sich nicht. So spielt er in einem Studio in New Jersey die akustische Rain, Wind & Speed CD ein, die wir dann später in Europa auf Glitterhouse veröffentlichten. Mit Erfolg, denn auch diese sanfte zurückgenommenen Seite von Neal Casal bekam durchweg gute Kritiken. Eine Tour mit Chris Burroughs folgte und was eigentlich wie ein kurzer Flirt aussah, wird vielleicht ein längerfristiges Techtelmechtel. Zumindest erwies sich dieser optisch an den jungen
Jackson Browne erinnernde Bursche als ein Pfundskerl. Ich werde den ersten Abend in einer
Beverunger Kneipe nie vergessen, wie zwei Waschweiber haben wir losgeplappert und
praktisch die Musikgeschichte von Mitte der Sechziger bis heute in 5 Stunden durchgekaut.
Neal ist einer dieser Wahnsinnigen (im positiven Sinne), die unheimlich tief eintauchen
und wenn sie was interessiert, auch jede Kleinigkeit wissen wollen.
Musikalisch liegt sie genau zwischen
Fade Away und Rain, also eine Mischung aus elektrischem Rock und akustischen
Songwriter-Pretiosen. |
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Hier ist es. Endlich. Das (je nach zählweise) zweite bzw. vierte (oder auch: dritte) Album des begnadeten Songschmiedes aus New Jersey. Wir machen hier jetzt, ganz gegen unsere sonstigen Gewohnheiten, nicht viele Worte: Es ist ein großartiges Dokument liedschreiberischer Güte, interpretatorischer Klasse, produktionstechnischer Wärme. Es ist melodiebeladen, abwechslungsreich und entspannt, intelligent, harmonisch und seelenvoll. Es ist wunderschön. Es ist ein Klassiker. Es hätte jeder der letzten drei Rock-Dekaden entspringen können - zeitlos. Die lässigsten Gitarren der Welt, die allerschönsten, völlig unaufgeregten Refrains, all das, was begeistern kann an blue-eyed Soul und laid-back Rock'n'Roll. Ach. Alles stimmt hier. Ein Team hat dieses Kleinod eingespielt, für dessen Zusammensetzung "namhaft" gar kein Ausdruck ist: Neal Casal: Gitarre, Gesang / Greg Leisz (KD Lang, Beck): div. Gitarren, Mandoline, Pedal Steel / Don Heffington (Jayhawks, Bob Dylan): Drums, Percussion 1 James "Hutch" Hutchinson (Bonnie Raitt): Bass, Harmoniegesang. Außerdem noch die alten Casal-Weggefährten John Ginty an Hammond-Orgel, Klavier und Wurlitzer-Piano sowie Angie McKenna und Hazeldine's Tonya Lamm, die Background-Vocals beisteuerten. Jim Scott, der sein segensreiches Wirken bisher in den Dienst von u.a. Tom Petty, Whiskeytown und James Iha (Smashing Pumpkins) stellte, hat wieder formidabel produziert. Wir wissen (noch) nicht, wie die Medien auf "The Sun Rises Here" reagieren werden. Wir gehen aber angesichts der euphorischen Beurteilungen, die bereits die Vorgängeralben erzielten, von einhelligem Jubel aus. "Schön und traurig." (Rolling Stonen) / "Abseitig, fantastisch, entspannt." (Saturn Aktuell) / "Sanfte und filigrane Poesie." (Stereoplay) / "Faszinierend: ...Wunderschöne, vollkommen ausgeruhte (...) Songs, die durchaus erinnern an einige der größten Songpoeten der Musik-Geschichte wie Nick Drake oder Jackson Browne. Wahrlich große Referenzen. Doch gewiß gerechtfertigt. Man genieße die berückenden Varianten eines wunderbaren Musikers und Storytellers." (Saarlandjournal) / "Jenseits aller Zeitgeistschranken." (Zillo) / "Voller großer Songs. Wunderbar leichte und filigrane Melodien zwischen verhaltener Melancholie und großem Gefühl. Magisch-spartanische Arrangements, eine berührende Stimme: Eine in den Himmel wachsende Produktion, irgendwo zwischen Neil Youngs "After The Goldrush" und Jackson Brownes "Saturate Before Using" Buntschillernder Schmetterling." (NOTES) Vielleicht ein zukünftiger Star, ist Neal Casal bereits jetzt ein Künstler, dessen Lorbeer auch durch ständige Vergleiche mit den Großen des Genres (Nick Drake, Tom Petty, Jackson Browne, Neil Young oder Pete Droge)nicht welken wird. Ach ja: Er sieht auch noch aus "wie die fleischgewordene Versuchung" (Zitat Tonya Lamm, Hazeldine). Was auch immer Euch das sagen mag.
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Field Recordings (7/97) Glitterhouse Rec.(Mailorder only) GRCD 429 |
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Ich kann es immer nur wiederholen, in
einer besseren Welt würde Neal Casal mit seinem hochmelodischen Gitarren-Rock die
Hitparaden stürmen. Seine Songs sind nämlich nicht nur fast alle
Selbstzünder, er sieht auch noch verdammt gut aus. Wer seine beiden Erstwerke, die
elektrische Fade Away Diamond Time und die akustisch zurückgenommene Rain, Wind &
Speed kennt, wird hier zweifelsfrei zugreifen. Field Recordings ist eine Mischung aus
beiden, tendiert aber eher zum elektrisch-rockenden Erstling Fade Away. Der Großteil
diese Albums besteht aus famosen Studiotracks, die Neal während der letzten Jahre hat
aufnehmen können, wurde er doch großzügig von einem Musikverlag gesponsert. So ist es
nicht verwunderlich, daß hier solche Größen wie Jim Scott (Tom Petty, Whiskeytown etc.)
produzieren und mit Greg Leisz, Bob Glaub und Don Heffington Musiker mitmischen, die sonst
ein Vermögen kosten. Sowieso waren diese Demos teuerer als 95 % des restlichen
Glitterhouse Outputs. Diese Platte quillt über vor Casal'schen Melodiereichtum, vor Hooklines, vor inspiriertem Gesang, vor großartigen Gitarrensoli, vor sonnigem Westcoast-Feeling, vor Hammond/Leslie-Schüben, vor allem was Musik so großartig macht (jedenfalls für mich)- das geht direkt ans Herz. Neben den Band-Versionen von Best To Believe und Angels On Hold (von Rain) gibt es hier diverse Songs, die problemlos mit Fade Away Diamond Time (ich sag's noch mal: eine absolute Insel-Platte!) mithalten können. Abgerundet wird das Werk durch drei Solo-Songs, unter anderem einem weiteren Barbara Keith-Cover (remember Detroit or Bufallo?). Trotz unterschiedlicher Aufnahmedaten eine Platte wie aus einem Guß. Kommt in einem Digipak mit allen Besetzungseinzelheiten. Plus einem Bonustrack, ganz tief aus den Archiven |
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Rain, Wind and Speed (5/96) |
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Die Geschichte liest sich wie ein
Horrorszenario aus dem Blockbuster: Major Label hat Geld aber keine Ahnung. Die Art und
Weise, wie BMG/Zoo die Veröffentlichung von Fade Away Diamond Time in den Sand setzte und
Neal nur 6 Monate nach dem Release vor die Tür setzte, ist eine Lektion in
Geldverschwendung. Nach Monaten der tiefen Depression ging er in New Jersey in ein kleines
Studio, um diese größtenteils nur mit Akustikgitarre aufgenommene CD einzuspielen. Dabei
tranchiert er seine fragilen Songs bis auf das blanke Skelett, und siehe da, es
funktioniert. "Und noch ein weiterer Heart Warmer: Neal Casal mit Meisterwerk numero zwo. Rain, Wind & Speed ist ein durchweg akustisches Album, auf dem neal - hin und wieder dezent von einer Hammond, einem Banjo oder einer Pedal-Steel begleitet - seine ach so traurigen Lieder vorträgt." (Rolling Stone/Nuggets, 1/97). Ein wirklich großer Songwriter, der mit etwas Major Label Kohle ganz sicher dereinst seinen Platz zwischen Tom Petty, Pete Droge und den Jayhawks manifestieren wird. "Casal's sound is a throwback to that distinct early '70s blend of blue-eyed soul and laid-back rock'n'roll, with a dash of rootsy country twang tossed in for good measure." (No Depression) |
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Fade Away Diamond Time (9/95) BMG/Zoo |
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Wir haben praktisch den gesamten
Lagerbestand bei BMG aufgekauft, bevor irgendwelche Bürokraten die Restauflage
einstampfen läßt. Es fällt mir kaum ein Debut ein, welches mich sofort derart umgehauen
hat und heute immer noch (nach dem 100sten Durchlauf) ein wohliges Gefühl verursacht. Bob Glaub am Bass und Don Heffington an den Drums legen ein völlig relaxtes Rock-Fundament, auf denen Neals Songs förmlich zu schweben scheinen. Völlig großartige Orgelschübe (Leslie!) wechseln sich mit Pedal Steel Leads ab und Neal selbst läßt die Gitarre in allen Variationen erklingen. Das kann man sich ungefähr so vorstellen, als würde Tom Petty einen Sack Sonnen-Feeling beisteuern und die Black Crowes ganz unangestrengt eine größere Dosis Southern Rhythm'n'Blues abliefern. Dabei hätte diese Platte in jedem der letzten drei Jahrzehnte erscheinen können, so zeitlos und klassisch ist sie. Ein Debut von einer Klasse, die andere auch mit ihrer fünften nicht erreichen. |
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August 1999 |
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